Beim asiatischen Metzger

Gepackt von ein bisschen Oster-Heimweh hatte ich vor einer Weile beschlossen, dass ich am Ostersonntag Rouladen machen will – also eine nur für mich, versteht sich. Das Problem dabei schwebte schon lange im Halbdunkel vor sich hin und heute war der Tag, an dem ich mich ihm stellen musste: wie erklärt man einem australischen Metzger, was man für ein Stück Fleisch für seine Roulade haben will?

Ich also erstmal im Internet geschaut. Da wird Roulade auch mit „roulade“ übersetzt. Wenn ich zu einem deutschen Metzger gehe und sage, dass ich gerne zwei Rouladen hätte, dann bekomm ich anstandslos das passende Fleisch dazu (außer er verkauft auch vorgefertigte Rouladen). Dass ich mit diesem Ansatz hier Schwierigkeiten bekommen könnte, war mir schon klar, also hab ich mal nachgeschaut, was genau denn Rinderrouladenfleisch ist. Wikipedia sagte mir da: „Zubereitet werden Rinderrouladen aus groß geschnittenen Scheiben aus der Rinderkeule, meist aus Oberschale oder Kugel.“

Nachdem es schwierig ist die Fleischereifachbegriffe „Oberschale“ oder „Kugel“ im Internet korrekt übersetzt zu finden, hab ich mir mal zwei Übersetzungen für Keule rausgesucht und bin damit zum nächsten Biometzger gestiefelt.

Der Biometzger ist ein Asiate, der im Gegensatz zu seinen konventionellen Metzgerkollegen nicht 800 kg Fleisch in der Auslage liegen hat, sondern das was man will oft erstmal hinten aus seinem Kühlhaus holen muss. Also war die Taktik „drauf zeigen und lächeln“ direkt ausgeschlossen.

Es ergab sich folgender Dialog:

Ich: „Ich würde gerne ein Gericht kochen, dass heißt Roulade (halte ihm einen Zettel hin, auf dem „ROULADE“ geschrieben steht). Kennen sie das vielleicht?“

Er (leicht angenervter Unterton): „Ich kenne keine Rezepte. Was für Fleisch willst du?“

(Die deutsche Taktik mit „Ich hätte gerne 2 Rouladen“  lief also auch nicht)

Ich: „Ich hätte gerne ein Stück Rindfleisch aus der Keule (als Übersetzungen für Keule hatte ich „joint“ oder „haunch“ anzubieten – beides hat ihm nicht gefallen).

Er (mit starkem Stirnrunzeln und noch mehr genervter Stimme): „Was soll das sein? Diese blöden Köche schreiben immer irgendeinen Quatsch in ihre Rezepte, den es gar nicht gibt!“

Ich: „Mmhh, das ist ein deutsches Rezept und ich habs versucht zu übersetzen.“

Er (fand das offensichtlich lustig und die Stirnrunzelfalten verschwanden): „Ahh, sooo! Ok! Also, erklär mir, was willst du mit dem Fleisch machen? Kochen? Braten? Wie lange?“

Ich (ein bisschen unsicher): „Jaaaa, ääähhhh, erstmal anbraten und dann im eigenen Saft schmoren….. das Fleisch wird mit anderen Sachen gefüllt….. mmmhh, jaaaa… und das ist so ganz lang und sehr dünn….“

So ging das ein bisschen hin und her und dann kam die alles erlösende Frage:

Er: „Willst du das Fleisch aufrollen?“

Ich: „Ja, genau!“ (Warum bin ich nicht selbst drauf gekommen, ihm das zu sagen?)

Er (mit breitem Grinsen auf dem Gesicht): „Dann weiß ich genau was du haben willst!“

und verschwand hinten in seinem Kühlhaus. Uuffffz, Aufatmen!

mein RIESIGES Stück Roulade - im Rohzustand

Er kam mit einer großen Palette eingepackter Fleischstücke zurück und als wir geklärt hatten, dass ich eigentlich nur ganz wenig brauche, nahm er das kleinste Stück davon. Ich hatte noch nie gesehen, wie man eine Roulade tatsächlich aufschneidet und hab mich schon gefragt, wie er ein langes Stück Roulade aus dem kleinen Stück Fleisch rauskriegen wollte. Das war dann auch ganz faszinierend, denn er schnappte sich eines seiner GROSSEN, SCHARFEN Messer und schnitt das Stück Fleisch auf wie eine Schnecke. Also immer rundrum und rundrum und als er in der Mitte angekommen war, hatte ich ein hübsches, dünnes, viel zu großes Stück Roulade. Da ich schon vom letzten Mal wusste, dass er dir immer nur das komplette Stück verkauft und solche Mätzchen wie „ich hätt aber gerne nur die Hälfte“ nicht duldet, hab ich jetzt 400g super hübsche Bioroulade im Kühlschrank und weiß jetzt, dass ich das nächste mal den Terminus „beef scroll“ verwenden muss, zumindest, wenn ich bei meinem asiatischen Biometzger einkaufen gehen.

und lecker durchgeschmort - also die eine Hälfte davon

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3 Antworten auf Beim asiatischen Metzger

  1. änneken sagt:

    1. Guten Appetit, meine Liebe! Ich bewundere deinen Einsatz und hoffe es hat dich rundum glücklich gemacht!
    2. Frohe Ostern, Euch beiden!
    3. Warum seid ihr in Sydney und nicht auf dem Easter ConFestival? Da kann man so wundervoll Ostern feiern…
    4. Vielleicht schneidet dir dein Asiate auch ein „kangoroo scroll“. Ein Versuch wäre es wert, finde ich. Und da Euer Winter noch ein Weilchen dauert…

  2. Jule sagt:

    na, Anne, solche wichtigen kulturellen Tipps musst du einem doch VORHER geben und nicht wenn’s schon zu spät ist. Aber wir finden es auch ganz hübsch hier in Sydney – ist irgendwie nicht so viel los wie sonst, das ist sehr angenehm!

  3. Kollege Chrissi sagt:

    „(Beef) Roulade“ war komplett richtig… -> http://en.wikipedia.org/wiki/Roulade

    „Beef Scroll“ hingegen würde ich eher in einem englischsprachigen Rollenspiel vermuten und wäre ein Gegenstand, den Zauberer dazu einsetzen, um Gegner in Rindfleischhaufen zu verwandeln… =)